Stell Dir vor: Immer, wenn Du 20 Euro ausgibst, hast Du die Wahl – ist es „nur“ eine weitere Ausgabe oder ermöglicht es mir einen Extra-Tag im Paradies?
Auf Gili Air – einer kleinen Lombok vorgelagerten Insel in Indonesien – haben wir Jan kennengelernt. Und es hat mich wahnsinnig beeindruckt, wie er mit kleinstem Budget seinen Traum lebt. Vermutlich, weil es auch klammheimlich mein eigener Traum ist, den ich immer für „irgendwann in der Zukunft“ reserviert habe.
Aber: Wie genau sieht frugales Reisen bei Jan heute aus? Warum reichen dazu 8.000 Euro? Und was hat das alles mit dem Vermögensaufbau zu tun?
Auf unserer 7-wöchigen Reisen durch Indonesien haben wir jede Menge wunderbare und inspirierende Menschen kennengelernt. Einer davon: Jan. Nach einer Fullmoon-Party auf Gili Air saßen wir zusammen in einer winzigen Bretterbude, in der das beste Gado-Gado der ganzen kleinen Insel serviert wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war Jan bereits von Ägypten nach Singapur und Malaysia gereist. Erst wenige Monate war er unterwegs, hatte auf einer malaysischen Insel gerade seinen Tauchschein gemacht und Indonesien sollte nur einer von vielen mehrmonatigen Stopps auf seiner Südostasien-Weltreise sein.
Und Du kannst es Dir denken: Natürlich wollte ich unbedingt wissen, wie es dazu kam, dass er auf Weltreise ist – und wie er das finanziell gestemmt bekommt.
Jan ist heute 25 Jahre alt, hat vier Jahre lang Sportökonomie dual studiert und in dieser Zeit zielstrebig auf seinen Traum hingespart: eine Reise durch die populärsten Länder in Südostasien. Indonesien, Thailand, Vietnam – wenn möglich auch noch Malaysia, Laos, Kambodscha, die Philippinen. Und wenn die Reisekasse leer ist, soll es weitergehen nach Australien und Neuseeland, um dort das nötige Kleingeld für den Rest der Reise zu verdienen.
Wie finanziert man eine Weltreise mit kleinen Mitteln?
Jan hat innerhalb seiner 4 Jahre Studium – in denen er dual bereits Geld verdiente – insgesamt 8.000 Euro auf die Seite gebracht. 8.000 Euro sind also im Pott für Flüge, VISA, Unterkünfte, Verpflegung, Ausflüge, Restaurantbesuche und alles, was man sonst so an Leihequipment braucht, um zum Beispiel nachts einen Vulkan mit blau glühender Lava zu besteigen.
8.000 Euro müssen reichen, um sich eine fetzen Zeit in Südostasien zu machen. Etwas über 1 Jahr dürfte diese Reise in Anspruch nehmen, bis ihm das Geld ausgeht. Danach oder zwischendurch wird er für Work-and-Travel nach Australien übersiedeln.
Wie das bitte gehen soll, wo andere 8.000 Euro in zwei Monaten mit Mittelklassehotels in den USA durchblasen?
Backpacking meets frugales Reisen!
Jan hat sich ein Tagesbudget gesetzt, das häufig unter- und nur in Ausnahmefällen überschritten wird: 20 Euro darf ein durchschnittlicher Tag kosten. Kein Problem in Indonesien, wo die Lebenshaltungskosten deutlich unter unseren Preisen liegen. Gereist wird mit einem Backpack im Handgepäck-Format; das macht auch die Fortbewegung viel leichter und natürlich günstiger.
Mit 20 Euro am Tag durch Südostasien
Ein Mittagessen zwischen 2 und 5 Euro, Unterkünfte ab 3,50 Euro, einen Scooter mieten für 30 Euro im Monat: Mit etwas Verhandlungsgeschick und Übung, aber natürlich auch Komfortverzicht (z. B. Zimmer mit Ventilator statt Klimaanlage) lässt sich auch mit kleinem Budget eine wunderbare Zeit gestalten. Und davon konnten wir uns selbst überzeugen – schließlich haben wir mehrere Tage mit Jan verbracht, waren zusammen an wundervollen Korallenriffen schnorcheln, machten Bars und Restaurants unsicher und genossen die Sonnenuntergänge am Strand.
Sprich: Die Konzentration liegt auf dem Erlebnis – nicht auf dem „Drumherum“. Frugales Reisen eben 🙂
Aktuelle Rückmeldung von ihm aus Angkor Wat (Kambodscha im August 2022): „Ich bin jetzt auch weiter meiner Linie treu geblieben, allerdings gab es vereinzelte Tage, an denen ich auch mal 25-30€ ausgegeben habe. Oder für besondere kulturelle Tickets musste ich mal 37€ Eintritt bezahlen, aber das hat sich alles gelohnt und ein wenig Puffer hatte ich ja dafür auch eingeplant.“
Zum Vergleich: Mein Partner und ich haben pro Person durchschnittlich rund 33 Euro am Tag für unsere Indonesienreise benötigt – und haben es uns an nichts fehlen lassen. Wären wir länger unterwegs gewesen, wäre der Tagessatz sogar noch deutlich gesunken, weil sich die Transportkosten auf noch mehr Tage verteilt hätten.
Warum ich diese ganze Story erzähle? Wegen der Verhältnismäßigkeiten.
So oft denkt man, man kann seine Träume nicht verwirklichen. Da fehlt noch was. Da muss erst noch A, B und/oder C passieren – mit D und E in der Hinterhand wäre es aber noch ein bisschen sicherer und dann geht das vielleicht. Irgendwann.
Seit Jan von seinem 20-Euro-Tagesbudget erzählt hat, bin ich für all das wieder viel stärker sensibilisiert.
Wofür würdest Du Dich entscheiden?
- 20 Euro für ein Abendessen in der Innenstadt – oder einen Tag in Indonesien, Thailand, Kambodscha?
- Fast 60 Euro für einen Friseurbesuch zahlen. Oder 3 Tage Cocktails, Palmen, Strand?
- 120 Euro für ein paar neue Klamotten. Oder 6 Tage lang Schnorcheln mit Schildkröten, Vulkane besteigen und unter Sternen liegen?
- 600 Euro jährliche KFZ-Versicherung – ohne Steuer, Werkstattreparaturen und Benzin. Oder ein ganzer Monat im Paradies?
Solche Entscheidungen treffen wir jeden Tag. Jede Menge davon sogar. Manchmal verlieren wir nur die Verhältnismäßigkeit.
Das Gleiche ist es mit dem Investieren. So wie 20 Euro einen weiteren Tag in Südostasien finanzieren können, rechne ich bei Ausgaben gerne in 25-Euro-Schritten. Denn 25 Euro ist der klassische Mindestbetrag, um einen neuen Aktien- oder ETF-Sparplan anzulegen und sich einen Puffer anzulegen, für den das Zukunfts-Ich dankbar ist.
Meine eigenen Aktiensparpläne laufen übrigens bei Trade Republic* und die ETF-Sparpläne bei der onvista-bank*.
Und die Moral von der Geschichte?
Manchmal denken wir, die großen Dinge sind für uns völlig unerreichbar.
- Vermögensaufbau? „Solche Summen sind doch nicht schaffbar. Völlig ausweglos. Da braucht man gar nicht erst anzufangen.“
- Weltreise? „Sowas geht erst, wenn man hunderttausende Euros auf der hohen Kante hat. Was das bestimmt alles kostet!“ (Dazu kann ich übrigens ein Buch sehr empfehlen: „Das große Los“ von Meike Winnemuth*)
Für mich war die Begegnung mit Jan ein echter Augenöffner, sich von den großen Dingen einmal mehr nicht einschüchtern zu lassen. Einmal mehr machen statt zerdenken.
Im Vermögensaufbau hat sich bei mir der Knoten inzwischen gelöst: Jedes große Ziel ist am Ende die Summe aus vielen kleinen Schritten, die man aneinanderreiht – und dem Mut und dem Ehrgeiz, dranzubleiben.
Warum soll das nicht auch für andere Dinge gelten? Du kennst sicher den Spruch: „Alle sagten, es wäre unmöglich. Dann kam jemand, der wusste das nicht. Und hat es einfach gemacht.“
Für mich war es Jan, der einfach gemacht hat, was für mich „das große, unerreichbare Ding“ war. Mit einem Ziel, einem Plan – und jetzt ist er unterwegs. Danke für Deinen Mut und für die inspirierende Begegnung!
Was ist Dein „großes Ding“? Lass es mich in den Kommentaren wissen!
ich hätte nie gedacht, dass man mit 20€ am Tag so gut in Südostasien auskommt! Deine Begegnung mit Jan war bestimmt sehr inspirierend und den Vergleich zum Vermögensaufbau finde ich sehr passend: man denkt immer, das ist ein Riesending und zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht möglich, bis man einmal den ersten Schritt gegangen ist.
liebe Grüße,
Hanna
Hallo Hanma, ja ich war auch überrascht, dass 20 Euro reichen, um den Traum von Südostasien zu verwirklichen. Inzwischen habe ich aus der Community von weiteren Menschen erfahren, die noch deutlich günstiger unterwegs waren; z. B. von einer Weltreise mit 4.000 Euro habe ich da gehört. Aber in erster Linie geht es ja nicht darum, den Geldbeutel möglichst eng zu schnüren 😉
So oder so: Den Vermögensaufbau zu behandeln, als wäre er unerreichbar, kann auch eine Ausflucht sein. Ich hoffe, die Geschichte inspiriert ein paar mehr Menschen, den Wunsch nach mehr finanzieller Sicherheit in die Tat umzusetzen.
Stay tuned!
Sventja
Hi,
wieder mal ein toller Beitrag. Ich warte schon immer jeden Monat bis du wieder etwas schreibst.
Wir waren im August 1 Woche auf Kreta, dass sicher nicht zum letzten mal. Danach noch 1 Woche mit dem Camper quer durch Italien. Wenn man sich gut organisiert und die Touristenspots meidet ist es in Europa auch nicht so teuer eine längere Reise zu machen.
Wenn dir das Buch von Meike gefallen hat dann noch ein kleiner Buchtipp: „Die geilste Lücke im Lebenslauf“ von Nick Martin.
Grüße aus Österreich
Hallo Markus, danke für die virtuellen Blumen 🙂
Ich bin zu 100% bei Dir: Auch in Europa kann man eine bezahlbare Zeit haben. Ich bin 2x quer durch Irland gereist und musste dabei als Single-Traveller natürlich alle Kosten alleine tragen. Trotzdem bin ich bei jeder Menge Action pur und Aufenthalten von 14+ Tagen nicht über 950 Euro inklusive allem gekommen. Braucht ein bisschen mehr Recherche und, wie immer, auch ein bischen Komfortverzicht. Aber wer kann schon von sich behaupten, mal in einem Hostel am Fuße des Connemara-Gebirges von einer dreibeinigen Ziege beschmust worden zu sein?
Danke für den Buchtipp! Davon hatte ich schon ein paar Mal gelesen, aber hatte es noch nicht in den Händen. Das wird sich ändern 🙂
Stay tuned
Sventja