Was ist dieser „Reichtum“ eigentlich, auf den alle warten? Was wird der Mehrwert sein, wenn „es erstmal soweit ist“? Was genau ist dann soweit? Und was passiert in der Zeit dazwischen? Wie grausam ist das Hamsterrad tatsächlich? Ist das Hamsterrad zwingend ein Hamsterrad oder vielleicht einfach eine komfortable, übersichtliche Allee, die man entlanggeht – oder eben zwischendurch mal abbiegt und im Gebüsch verschwindet?
Was genau soll sich ändern, wenn die erste Million geschafft ist? Und wie viel Zeit bin ich in der Zwischenzeit bereit einzusetzen für das Hinarbeiten auf das, was dann irgendwann vielleicht mal kommt?
„Leben ist das, was passiert, während man Pläne macht.“
Leben ist, mit einer Hand am heißen Tee bei kaltem Herbstwetter am Eichentisch zu sitzen und sich auf den nächsten Bissen halbwarmen Mohnkuchen zu freuen.
Leben ist, um halb 3 in der Früh mit dem besten Freund im Auto vor der Haustüre zu sitzen und sich furchtbar zu verquatschen, während die Scheiben beschlagen und die Füße langsam klamm werden.
Leben ist, heimzukommen und ein aus Berlin importiertes Paket Baklava mit einer lieben Nachricht auf dem Küchentisch vorzufinden.
Leben ist, diesen einen Song zu entdecken, der durch Mark und Bein geht und den man wochenlang im Ohr hat.
Leben ist dieser eine Nebensatz, in dem erwähnt wird, dass man durch eine Kleinigkeit einem anderen den Tag enorm versüßt hat.
Leben ist dieser Daheim-Geruch, wenn man die Haustüre aufschließt.
Leben ist die schlagartig einsetzende, bis in die Haarspitzen pulsierende Vorfreude, nachdem man die nächste Reise festgemacht hat.
Leben ist, wenn die Erkältung voll einsetzt und man sich fragt, wieso man sich nicht jeden Tag OHNE Erkältung darüber gefreut hat, dass man gerade keine Erkältung hatte.
Leben ist, aufzuwachen und keine Termine zu haben. Und einfach länger im kuscheligen Bett liegen zu bleiben – einfach, weil man es kann und das gerade der schönste Ort auf der Welt ist.
Leben sind eigentlich die Momente, die unbezahlbar sind. Leben ist der Alltag, der mal schön ist und mal nicht. Leben sind auch die Tage, die im Meer der vergessenen Erinnerungen untergehen, weil sie anderen im Wochenalltag geglichen haben wie ein Ei dem anderen. Vielleicht ist ein bisschen mehr passive Rente ein Grund, ruhiger zu schlafen. Aber eigentlich geht es doch darum, sich das Hier und Jetzt zu gestalten – auf welche Weise auch immer. Schöner, effizienter, hoffnungsvoller, glamouröser – irgendetwas dazwischen. Füße im Sand oder Aktienkurse im Blick? Das nächste Karrierelevel in Sicht oder Berggipfel am Horizont? Auf Zukunftstechnologien setzen oder auf das Hier und Jetzt?
Tja. Leben kommt nicht erst nach der ersten Million.