Halbzeit für die finanzielle Freiheit: binnen 9 Jahren zum großen Meilenstein
Halbzeit für die finanzielle Freiheit: binnen 9 Jahren zum großen Meilenstein

Halbzeit für die finanzielle Freiheit: binnen 9 Jahren zum großen Meilenstein

Im August 2024 habe ich ganz nebenbei und fast unbemerkt einen riesigen Meilenstein geschafft: Die Hälfte des Weges in die finanzielle Freiheit liegt hinter mir! Das macht mich nicht nur stolz, sondern auch etwas nachdenklich.

Seit meinem Start mit dem Vermögensaufbau ist so viel passiert – Umzüge, Jobwechsel, eine Pandemie, Börsenhypes und -einbrüche, Reisen ans andere Ende der Welt, Neobroker und KI wurden groß, Priorisierungen haben sich verändert und meine Wahrnehmung von Geld ebenfalls.

Ein perfekter Anlass also, nach inzwischen 9 Jahren Investorenleben zurückzublicken und zu resümieren wie es zu all dem kam, ob ich mit dem Erreichten zufrieden bin und wie die zweite Hälfte meines Rich-Bitch-Weges aussehen könnte.

Wirklich zur Hälfte finanziell frei?

2015 habe ich mit dem Investieren begonnen und 2018 kurz innegehalten, um mich tiefer in die Materie einzulesen, meine Strategie zu entwickeln und schließlich mit dem Bloggen zu beginnen.

Zwischenzeitlich habe ich meine damalige Strategie hinterfragt und angepasst. Und ich bin mir sicher, das wird noch ein paar Mal passieren – allerdings in hoffentlich immer geringeren Nuancen.

Trotzdem wurde ich im Laufe der Jahre immer mal wieder gefragt, was es eigentlich mit dem Rich Bitch Status auf sich hat – und nachdem dort nun kürzlich die „magische 50“ stand, ist das der perfekte Zeitpunkt, diesen Faktor noch einmal zu beleuchten. Auch, weil er eigentlich bereits überholt ist.

Was ist eigentlich der Rich Bitch Status?

Also: Der Rich Bitch Status ist entstanden auf Basis der ganz klassischen 4-Prozent-Regel, die ich allerdings etwas konservativer gestaltet und zur 3-Prozent-Regel abgewandelt habe. Kleiner Reminder: Die 4-Prozent-Regel besagt, dass man 4 Prozent seines Vermögens in Form eines ETFs jährlich entnehmen, also verkaufen/liquidieren kann, und dieser Geldbatzen normalerweise im Durchschnitt der Jahre durch die geringe Höhe dieser Entnahme wieder artig an Kursgewinnen zulegt und somit bis zum (durchschnittlichen) Lebensende reichen sollte.

Und wenn ich nun finanziell frei sein möchte, dann nutze ich diese 4-Prozent-Regel, um zu berechnen, wie hoch das Vermögen sein muss, das ich insgesamt in meinen später abzuschöpfenden ETF pumpen muss, damit die 4 Prozent, die ich entnehme, für die Deckung meiner Kosten reichen, ohne dass das Gesamtvermögen zu schnell aufgebraucht wird.

Meine Berechnungsgrundlage:

  • Ich brauche im Monat ca. 1.500 Euro zum Leben inkl. allem – da sind keine riesengroßen Sprünge drin, aber Mietanteil, Auto, Lebensmittel, Freizeit und Reisen waren damit zum Zeitpunkt der Berechnung (2018) gut abgedeckt inklusive eines kleinen Puffers
  • Das bedeutet: ich muss im Jahr 12×1.500 Euro aus meinem Vermögen abschöpfen können, um finanziell unabhängig zu sein = 18.000 Euro
  • Um diese insgesamt 18.000 Euro laut der 4-Prozent-Regel „verlustfrei“ liquidieren zu können, bräuchte ich also ein Vermögen in Höhe von 450.000 Euro
  • Da ich lieber konservativ rechne und 25 Prozent Kapitalertragssteuer abgezogen werden müssten, habe ich die 4-Prozent-Regel für meine Berechnung zu einer 3-Prozent-Regel abgewandelt
  • Ergo benötige ich nicht 450.000 Euro, sondern ein Vermögen in Höhe von 600.000 Euro, um jeden Monat 1.500 Euro für meine Alltagsausgaben abschöpfen zu können – wenn ich das denn eines Tages einmal wollte

Also habe ich mir das Ziel gesetzt, ein investiertes (!) Vermögen in Höhe von 600.000 Euro zu besitzen. Und der Rich-Bitch-Status richtet sich schlicht danach, an welchem Punkt auf dem Weg zu den 600.000 Euro ich aktuell bin.

So wurde aus der 3-Prozent-Regel eine Cash-in-the-Täsch-Strategie

Dieses Ziel habe ich einige Jahre weiterverfolgt, bis ich mich vor ca. 2 Jahren – mit etwas mehr Erfahrung und besserer Kenntnis meiner praktischen Bedürfnisse statt nur grauer Theorie – stärker in Richtung Dividendenstrategie entwickelt habe. Es folgte die vielbesungene Strategieanpassung, da ich mich immer unwohler mit dem Gedanken gefühlt habe, Vermögensteile regelmäßig verkaufen zu müssen, um es für mögliche anfallende Ausgaben einzusetzen.

Stattdessen gefiel mir der Gedanke um Längen besser, dass Dividenden und Zinsen automatisch auf meinen Konten eintrudeln und mein Einkommen somit bereits liquide ist, ohne dass ich mir über Verkaufszeitpunkte Gedanken machen muss.

Steuerlich schlagen die Dividendenstrategie-Gegner spätestens an dieser Stelle die Hände über dem Kopf zusammen. Aber ich mag die Vorstellung schlicht nicht, dass ich mit einem mittleren 6-stelligen Vermögen nur wenige tausend Euro passive Einkünfte generiere und dann immer hoffen muss, dass die Kurse nicht zwischendurch einen Verkauf fast unmöglich machen. Und einfach nur nen Batzen investiertes Geld irgendwo zu besitzen wird es mir psychologisch nicht einfacher machen, mich nicht nur finanziell unabhängig zu wissen, sondern mich auch so zu fühlen und danach zu handeln.

Denn was bringt mir der Berg an Kohle, wenn ich mich ständig frage: Hätte ich besser noch ein paar Minuten/Stunden/Tage warten sollen? Hätte hätte Fahrradkette? Etc.

Also habe ich mich entschieden, die 600.000 Euro als Prio-2-Ziel und leichter zu überschauenden (und vielleicht auch zu erreichenden) Betrag zwar nicht aus den Augen zu verlieren. Aber mein Prio-1-Ziel ist ganz klar, auf die 1.500 Euro an monatlichen Kapitalerträgen hinzuarbeiten – Cash in the Täsch.

  • Heute darf ich mich also über die Halbzeit aus meinem Prio-2-Ziel freuen.
  • Halbzeit bei meinem Prio-1-Ziel ist dann, wenn mein jährliches passives Einkommen die 9.000 Euro erreicht bzw. überschreitet.

Wie fühlt es sich an, die Halbzeit erreicht zu haben?

Als ich im zarten Alter von 29 Jahren mit dem Investieren begonnen habe, hatte ich keine Ahnung von gar nichts. Mein Opa half mir, ein Depot zu eröffnen und zeigte mir, wie man online Aktien kauft. Dass ich damit aktiv eine Investorin geworden war, hatte ich zu dem Zeitpunkt null auf dem Schirm. Und grundsätzlich habe ich in den Anfangsjahren nicht einen einzigen Gedanken daran verschwendet, was sich dadurch für mich ändern könnte. „Altersvorsorge, jaja. Ich hab doch noch sooo viel Zeit …“

Schon während des Studiums hatte er mir geraten, wenn es irgendwie geht jeden Monat einen noch-so-kleinen Betrag zu sparen – und das regelmäßig. Das war ein guter Grundstein um mir zu zeigen:

Egal wie mickrig das Einkommen ist. Irgendwas lässt sich immer zur Seite legen!

In den vielen Büchern zur finanziellen Freiheit habe ich erstaunlich wenig darüber gelesen, welche psychischen Effekte es hat, sich langsam in Richtung Unabhängigkeit zu bewegen.

Erst bei Florian Wagners „Rente mit 40“ ging es auch mal darum, wie sich Menschen fühlen, wenn sie finanziell frei sind. Und der Artikel „Die Rente mit 40 ist tot“ von Oliver (frugalisten.de) war für mich ein absoluter Eyeopener in Bezug auf die emotionale Ebene dieses Weges – denn er beschrieb (für mich erstmals), wie sich die Effekte langsam im Alltag niederschlagen. Und nicht erst wie ein Paukenschlag passieren, wenn man irgendwann einmal endlich sein Ziel vollständig erreicht hat.

Das ändert sich im Finanzielle-Freiheit-Spektrum

Wenn ich heute zurückblicke, bin ich nicht mal sicher, ob ich wirklich daran geglaubt habe, ob es klappen kann, als Normalersterbliche ein nennenswertes Vermögen aufzubauen. Dass ich überhaupt damit gestartet habe entsprang vermutlich einer Mischung aus Neugierde und Spieltrieb. Was hatte ich schon zu verlieren? Im schlimmsten Fall stehe ich genauso gut oder schlecht da wie vorher, im besten Fall habe ich mein Leben lang keine finanziellen Sorgen mehr. In meinen Augen war es ein No-Brainer, es mindestens zu versuchen, die eigene finanzielle Situation zu verbessern.

Womit ich auch nie im Leben gerechnet hätte: Wie smart es war, dass ich zeitgleich diesen Blog gestartet habe. Es fließt zwar verdammt viel Arbeit und einiges an Stunden hinein. Aber ich zwinge mich so ganz automatisch jeden Monat aufs Neue dazu, mir nicht nur einen Augenblick die blanken Zahlen in der Excel anzusehen, sondern eben auch für die Artikel zu betrachten:

  • Was könnte ich mit diesem passiven Einkünften bereits bezahlen?
  • Wie stehe ich im Vergleich zum Vormonat, Vorjahr etc. da?
  • Was heißt das für das tägliche/wöchentliche/monatliche Einkommen?
  • Welche Erfolge stehen dahinter?
  • Und zahlen meine Jahresziele erfolgreich auf das große Gesamtziel ein?

Sich das alles bewusst zu machen, hat enorm geholfen, am Ball zu bleiben und sich die eigenen Erfolge vor Augen zu führen. Wenn ich heute zurückblicke auf mein Ich von 2015, sind da viele kleine, aber vor allem drei sehr wichtige Veränderungen, die die zunehmende finanzielle Unabhängigkeit mit sich gebracht hat:

  1. Ich bin finanziell „ruhiger“ geworden. Die Money Monkeys („War die Entscheidung für diese Ausgabe gut? Sind die Kosten gerechtfertigt? Kann und sollte ich mir das leisten? Hat Preis-Leistung gestimmt? Schließlich reiße ich mir für jeden Cent den A*** auf!“) halten immer häufiger die Klappe. Grundsätzlich sind meine Ausgaben eh schon gut durchoptimiert, aber selbst wenn mal Kosten anfallen, hinter denen ich nicht stehe oder die mich früher geärgert hätten, sage ich mir heute: „Ach, das zahlen einfach die Bondora Go-&-Grow-Zinsen der nächsten 6 Tage. Halt Dich nicht lange damit auf!“. Das ist ein Gamechanger sondergleichen, schont die Nerven, frisst viel weniger Zeit (die ich sonst mit Abwägen, Ärgern, Grübeln verbracht hätte) und ich kann die Dinge oder Momente, die ich mit Geld erkaufe, viel mehr genießen.
  2. Ich fühle mich optimistischer, wenn ich an meine Zukunft, meine Altersvorsorge, meine Krankenversorgung später etc. denke. Ich habe mir schon heute etwas geschaffen, das mir niemand ohne Weiteres mehr wegnehmen kann und durch das ich niemals vollständig mittellos sein dürfte. 0 Euro Einkommen kann mir fast nicht mehr passieren – zumindest der Faktor „Flaschensammeln“ ist schonmal abgewendet. Denn selbst wenn ich mit sofortiger Wirkung mit dem Investieren komplett aufhöre: Die (Stand heute und pessimistisch gerechnet) rund 6.000 Euro Kapitalerträge im Jahr dürfte auch in 35 Jahren noch ein schönes Zubrot on top geben, für das ich nichts weiter tun muss.
  3. Ich fühle mich sicherer, weil ich inzwischen verstanden habe, wie der Vermögensaufbau-Hase läuft. Quasi schwarz auf weiß steht auf meinen Konten und Depots, dass ich mir etwas aufbauen kann. Selbst wenn morgen die Welt untergeht, habe ich in den letzten Jahren gelernt, mit welchen Mechanismen ich mir – und wenn nötig auch anderen – etwas aufbauen kann. Worauf es ankommt, wenn man sich versorgen und die finanziellen Grundbedürfnisse nicht nur stillen, sondern übererfüllen will. Nehmt mir alles weg und es wird ein herber Schlag sein. Aber wird es mich in die Knie zwingen? Nein. Denn beim nächsten Mal fange ich nicht wieder bei 0 an, sondern ich werde viel schneller dorthin gelangen, wo ich heute stehe. Jetzt weiß ich ja, wie’s geht!

Funfacts aus 9 Jahren Investorenleben

  • Verluste P2P durch Scam: 2.270 Euro
  • Rich Bitch Project Blogartikel: 101
  • Rich Bitch Project Kommentare: 305
  • So viele Stunden habe ich 2018 durchschnittlich mit dem Thema Finanzen verbracht: ca. 5 Stunden pro Woche
  • So viele Stunden habe ich 2024 durchschnittlich mit dem Thema Finanzen verbracht: ca. 2 Stunden im Monat

Jetzt geht’s in die zweite Hälfte – und zwar mit Vollgas voraus!

Und last but not least möchte ich Danke sagen. In den ganzen Jahren gab es einige Aufs und Abs und meine geniale, treue Community war für mich immer wieder der Anlass, nicht nur Fortschritte zu tracken, sondern auch Erfolge zu analysieren und aktiv voranzukommen. Danke für jeden Kommentar, für jede E-Mail, für jedes Like auf Insta. Für Feedback, das mir neue Wege aufgezeigt hat oder mir geholfen hat, Entscheidungen zu festigen.

Es bedeutet mir sehr viel, zu wissen, dass ich hier die eine oder den anderen inspirieren kann – und ich bin schon gespannt, was sich gemeinsam noch alles bewegen lässt. Also wie immer: stay tuned! More to come 🙂

9 Kommentare

  1. Mir kam jetzt auch als erstes das Thema Krankenversicherung in den Kopf. Hast du da schon einen Plan? Wenn ich sehe, was da an Kosten monatlich vom Gehalt abgehen, müsste das Depot glatt doppelt so hoch sein. Und man kann sich ja nicht drauf verlassen, dass die noch tiefer in die Tasche langen (und beim Thema Steuern ja leider auch nicht…).
    Trotzdem natürlich auch von meiner Seite Glückwunsch zur Halbzeit! Kann gut verstehen, dass du eher die Strategie 2 fährst, statt ins Depot zu greifen.

    1. Wie die Zukunft sein wird, kann niemand sagen. Aber nach aktueller Rechtslage wird die gesetzliche Krankenversicherung sogar deutlich günstiger in der Privatier-Phase, wenn nur noch ausschließlich Kapitalerträge anfallen. Denn diese werden als Einkommen gerechnet und unterliegen somit den Freibeträge. In Svenjas Fall mit geplanten Einnahmen von ca. 18k sind davon ca. die Hälfte schon mal steuerfrei. Sie zahlt also nur so viel Krankenkassenbeiträge als ob sie einen Job hätte mit diesem Gehalt. Das ist in so gut wie allen Fällen deutlich weniger als heute! Darüber hatte ich auch schon einmal gebloggt, da es leider häufig falsch eingeschätzt wird.
      KV Beiträge als Privatier sind tatsächlich viel weniger schlimm als die meisten denken. Und wenn man PKV versichert ist, ändern sich die Beiträge ja nicht durch FIRE.
      viele Grüße
      Jenni

  2. Ilona

    Liebe Sventja!
    Auch von mir allerherzlichsten Glückwunsch zur Halbzeit.
    Ich freue mich jedes Mal, wenn es einen neuen Artikel von dir zu lesen gibt.

    Das mit der Krankenkasse würde mich interessieren. Wie ist dazu deine Annahme für die „Freiheitsphase“? Sprich: mit welchen Kosten kalkulierst du? Ist das in den angenommenen 1.500 Euro dabei?

    Viele Grüße und danke
    Ilona

  3. Christian

    Mein Glückwunsch zu deiner Halbzeit 🙂
    Ich bin selbst zwar noch nicht soweit, aber solche Blogs deiner, motivieren das auch so durchzuziehen.
    Zu deinem 2. Punkt mit dem Optimismus, finde ich, kann man noch hinzufügen, dass man durch das stetige Wegsparen der Sparplansumme auch lernt mit weniger Geld im Monat auszukommen. (Ist ja dann fast eine Art Rentenlücke :D)

  4. Andreas

    Sehr schöner Artikel! Lese gerne deine Entwicklung und deine Ansichten und erkenne viele Parallelen zu meinem Weg. Schön zu lesen, wie du das alles in Worte packst. Danke dafür! Gerne weiter so!

  5. Sabine

    Herzlichen Glückwunsch zu deinem Meilenstein. ich bin bereits seit ein paar Jahren finanziell frei und kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass der Vermögensaufbau mit jedem Euro mehr im Depot immer schneller geht. Ich habe mein Ziel auch einige Jahre vorher erreicht. Das Einzige was bei mir gerade voll zuschlägt sind die Kosten für die Krankenversicherung, da der Beitrag auf alle Dividenden gezahlt werden muss.

    Ich wünsche dir weiterhin alles Gute.

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